Markus Baersch

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24.08.2007

Warum gut definierte und überwachte Anforderungen, Rollen und deren Verantwortlichkeit (Roles & Responsibilities; "RnR", persönliche Pflichten - wie auch immer es genannt werden mag) für Projekte und deren Erfolg entscheidend sind, sieht man immer dann, wenn ein Projekt nicht so "funktioniert", wie es "geplant" war.

In diesem einen Satz steckt viel Ansatzpotential zur Erkennung üblicher Probleme in Projekten - und wenn Sie sich ernsthaft mit den wichtigen "zweieinhalb Faktoren" (Anforderungen und das Zusammenspiel von Rollen und verantwortung) beschäftigen, können Sie sicher mehr als die vielzitierten 80% eines Projekts wieder auf den rechten Weg bringen.

Wenn aber etwas nicht funktioniert, wird nicht primar danach gefragt, ob auch alle alles haben und alles wissen, was erforderlich ist, um die Erwartungen zu erfüllen, die an sie gesetzt sind... und die sie hoffentlich auch selbst kennen.

Schnellschüsse und "Klein-Klein"

Zuallererst kommen leider viel zu oft typische Fragen auf, die die Schuld für den Misserfolg (der es ja noch nicht ist, aber es sieht schließlich irgendwie "nicht gut" aus) auf einen eher "allgemeinen" Mangel zurückführen. Man stellt sich und anderen in Krisensitzungen dann gern Fragen wie "Arbeiten die Leute hart genug?"; "Fehlen uns noch Ressourcen?"; "Warum versteht mich keiner?"; "Hilft vielleicht einfach mehr Geld?"; "Machen die das mit Absicht?"; "Wie können wir wieder zurück zum alten Zustand vor dem Projekt?"; "Wer ist es schuld?". Wie viel Zeit man damit verplempert, ist jedem selbst überlassen - und in machen (seltenen) Fällen können vielleicht hier tatsächlich schon Antworten gefunden werden, die das Projekt wieder auf den richtigen Weg bringen.

Dennoch gibt es viele Punkte, die oft unausgesprochen bleiben - und damit dann auch unbehandelt.

Naheliegende Klassiker

Zumeist sind es dann folgende Dinge, an denen in einer neuen Welle angesetzt wird, wenn die oben scherzhaft (aber ernst gemeint) aufgezählten Ideen aufgebraucht sind - leider oft aber erst danach :(. Es sind Fragen wie

  • Haben wir eine ausreichende Planung?
  • Sind alle Anforderungen klar definiert?
  • Werden Planung, Fortschritt, Reporting und Erwartungen laufend mit der Realität verglichen?
  • Sind die richtigen verantwortlichen gewählt?
  • Sind die Prozesse angemessen und zielgerichtet?

Hier schon eine Antwort gefunden? Na, prima! Wenn Sie die Antwort hier vermuten, aber nicht sicher sind: Fragen Sie doch einfach mal jemanden, der gar nichts mit dem Projekt zu tun hat. Aus angrenzenden Abteilungen oder Bereichen... oder auch außerhalb Ihres Unternehmens. (Es soll den einen oder anderen geben, der diese Dienste anbietet 😉)

Die Lösung indes ist oft nicht ganz so simpel wie die Identifizierung des Problems. Sind die Rahmenbedingungen nicht ausreichend oder steht das unwegdiskutierbare Dreieck aus Kosten, Qualität und Zeit unübersehbar schief, müssen Veränderungen her, die wehtun. Erstens deswegen, weil Veränderungen immer wehtun. Und weil sie ein Eingeständnis sind, dass irgendetwas nicht so gelaufen ist, wie es vorgesehen war. Zum Glück sind dafür wiederum schnell Gründe (oder besser: Begründungen) gefunden und so werden zähneknirschend endlich echte Managemententscheidungen gefällt. Punkt.

Hier ist dann oft Ende der Fahnenstange erreicht; entweder weil das Projekt nun wieder zielsicher fortgeführt wird / werden kann (Glückwunsch!) oder weil nichts geholfen hat und sich daher das Projekt in einen akzeptierten Fehlschlag verwandet hat. "Lieber ein Ende mit Schrecken.... blablabla". Das mag im Einzelfall sogar angemessen sein. Andere sind mutiger und führen das Projekt nach allen fehlgeschlagenen Versuchen einer Veränderung zum Guten unbeirrbar fort. Und wenn der Feind die Zeit ist, dann wird halt die besiegt. Und dann, vielleicht irgendwann durch Zufall, steigt man tiefer in die Gruft der Gemeinheiten ab, die in jemdem Projektsumpf lauern.

Wahrhaftige Klassiker!

Auch dann, wenn einige oder alle der oben genannten Punkte auf Ihr Projekt zutreffen (was ich niemandem wünschen mag); die Wahrheit ist oft viel brutaler als alles, was Sie bis hier hin gelesen haben. Stellen Sie doch mal folgende Fragen und versuchen Sie, es aus der Sicht eines Unbeteiligten zu beutreilen, der nicht schon seit Projektbeginn mitgelitten hat (wenn Sie dazu einfach nicht mehr in der Lage sind, ist das menschlich und verständlich. Hilfe: siehe oben)

  • Ist das Ziel wirklich klar definiert?
  • Weiß jeder genau, was er zu tun hat und was von ihm erwartet wird? Auch wann er dies liefern soll? (und was passiert, wenn dies nicht erfolgen kann?)
  • Ändern sich Anforderungen oder Rahmenbedingungen oder haben sich diese geändert, ohne das dies auf die Planung eine Auswirklung hatte oder zumindest Berücksichtigt wurde?
  • Hat jeder Beteiligte auch die notwendigen Fertigkeiten, seine Aufgaben zu erfüllen?
  • Sind alle notwendigen sonstigen Mittel da?
  • Kann jeder auftretende Probleme vorbehaltfrei kommunizieren, ohne um seinen Kopf zu fürchten?
  • Fließen Informationen in ausreichender und angemessener Form an die entsprechenden Adressaten
    [sprich: kommt gar nichts... oder so viel, dass kein Überblick möglich ist? Bekommen alle die gleichen Informationen oder jeder diejenigen, die für seine Arbeit und einen Überblick über das gesamte Projekt erforderlich sind?]
  • Betreiben wir ein ausreichendes Risikomanagement?

Aha? An der einen oder anderen Stelle, ganz heimlich? Es hift nichts, seien Sie ehrlich; wenigstens zu sich selbst! Denn: Wenn Sie nicht zum Kern der eigentlichen Probleme vorstossen, kann das nicht nur Unmengen von Geld und Zeit verschlingen und die Motivation von Einzelnen oder ganzen Teams dauerhaft und bis zum Wegfall schädigen... Sie haben auch keine Chance, andere davon zu überzeugen, dass grundlegene Änderungen notwendig sind, wenn Sie es nicht selbst eingestehen wollen. Wenn nicht für dieses Projekt, dann für das Nächste.

Kurz und Knapp:

Suchen und gestalten Sie aktiv Prozesse und Verfahren, die für Ihr Team und das konkrete Projekt passend sind. Schneiden Sie nicht alles mit der Kettensäge, wo es auch ein Taschenmesser tun würde. Vielleicht sind Ihre vorhandenen Prozesse und Modelle gar nicht so schleht; bedürfen nur einer Anpassung an wenigen zentralen Punkten.

Vergleichen Sie einfach Ihre Vorgehensweise mit Standards und picken Sie sich die Rosinen aus jedem Modell heraus, das zu Ihrer Projektgröße und Ihren Ressourcen passt. Setzen Sie ruhig auf bewährte Techniken und Mittel, ohne dabei allzu sehr an Büchern zu kleben.

Konzentrieren Sie sich darauf, dass alle Beteiligten im Projekt ihre Rolle kennen und genau wissen, was von ihnen erwartet wird; stellen Sie sicher, dass dies auch realistisch ist. Sorgen Sie dafür, dass Anforderungen von allen verstanden werden; vorzugsweise auf einer gemeinsamen Basis und nicht jeder für sich. Planen Sie nicht nur am Anfang des Projekts, sondern laufend.

Also eigentlich ganz einfach, oder? Wenn Sie noch einen Anstoß benötigen, um zu handeln, lassen Sie sich doch mal von der Blitzverblödung inspirieren. Wenn Sie sich oder Ihr Projekt wiedererkennen, ist es aus naheliegenden Gründen auf jeden Fall Zeit zum Handeln!

Viel Erfolg!

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3 Kommentare zu “Woran scheitert ein Projekt - und warum?”

  • Ein Freund 24. August 2007 um 22:19 Uhr

    zu 100% richtig und schön zu lesen 🙂

  • karlos 30. September 2007 um 10:26 Uhr

    jo! alles genau gesagt!

  • Patrick Fritz 13. Februar 2008 um 13:45 Uhr

    Kürzlich habe ich in meinem Blog einige Gründe herausgearbeitet, warum Projekte scheitern: http://www.jahooda.org/?p=107

    Hier ein kurzer Auszug:
    1. Unklare Anforderungen und Ziele
    2. Fehlende Ressourcen bei Projektstart
    3. Politik, Egoismen, Kompetenzstreitigkeiten
    4. Fehlende PM Erfahrung auf Leitungsebene
    5. Unzureichende Projektplanung


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